Bio-Schweinehalter bilden Aktionsbündnis

Pressemitteilung des ABD e.V.

Heinrich Rülfing und Michael Dreyer konnten rund 20 aus ganz Deutschland angereiste Bio-Schweinehalter begrüßen. Das Aktionsbündnis steht gegenwärtig für rund 3.000 Bio-Sauen- und 20.000 Bio-Mastschweineplätze.

Zum Einstieg gab Henning Niemann vom Öko-Kompetenzzentrum Niedersachsen in anschaulicher Weise einen Überblick über das Marktgeschehen und stellte zu Beginn seiner Ausführungen die provokante Frage: "Steuern wir das Marktgeschehen oder kommen wir zu einem konventionellen Schweinezyklus?" Aus seiner Sicht ist es notwendig die gesamte Wertschöpfungskette von der Urproduktion bis zur Ladentheke zu vernetzen. Das beginne bei der Abstimmung zwischen Ferkelerzeugung und Mastschweineverkauf. Nachdem mehrere Jahre Öko-Ferkel knapp waren, gibt es hier seit 2007 ein Überangebot, so dass einer Jahreserzeugung von 220.000 Öko-Ferkeln nur ein Mastbedarf von etwa 200.000 Öko-Mastschweinen gegenüberstand.
Einige Sauenhalter haben in 2007 ohne eine gesicherte Abnahme auf ökologischen Landbau umgestellt. Die schwierige Situation in der konventionellen Ferkelerzeugung veranlasste vor allem mehrere Outdoorhalter in Norddeutschland kurzfristig umzustellen, zumal der Änderungsbedarf sich im wesentlich auf eine Verlängerung der Säugezeit und einen Umstieg auf ökologisches Futter beschränkte. Baulich musste vielfach nur die Ferkelaufzucht den Ansprüchen der EU-Bio-Verordnung angepasst werden.

Für 2008 rechne Niemann mit maximal 220.000 verkauften Mastschweinen. Allerdings würden gegenwärtig viele Ferkelerzeuger ihre Bestände verringern, so dass diese Zahl möglicherweise nicht erreicht würde. Allein in Norddeutschland habe ein Sauenhalter seinen Bestand um 200 Sauen reduziert.
Dass der "Bioboom" bei den Bioschweinehaltern nicht ankomme, habe verschiedene Gründe. Hohe Futterpreise seit der Getreideernte 2007 mit Preisen für Getreide von über 40 €/dt belasten die Ökoschweinehaltung. Mit dem Getreide sind auch die Kosten für die Eiweißkomponenten gestiegen, so dass man momentan für ein Mischfutter über 50 €/dt zahlen müsse. Auf dieser Basis machte ein Landwirt folgende Rechnung auf: Bei einer Futterverwertung von 1:3,2 habe man Futterkosten von 160 €. Dazu käme das Ferkel mit rund 100 €. Bei einem Schlachtgewicht von 95 kg bekomme er für ein Mastschwein im Schnitt etwa 280 €, so dass noch 20 € für Strom, Wasser, Tierarzt sowie Stall und sonstige Festkosten blieben. Von einer Entlohnung der eigenen Arbeit sei man meilenweit entfernt.

Auch der hohe Preisabstand zu konventionell erzeugten Schweinen verringert gegenwärtig die Nachfrage. Bei konventionellen Preisen von zeitweise 1,30 € je kg Schlachtgewicht lassen sich für Öko-Schweine nur schwerlich mehr als die zurzeit ausgezahlten 3 € erzielen. Und auch für Verarbeiter sei es bei sinkenden Realeinkommen in breiten Bevölkerungsschichten zunehmend schwierig die höheren Auszahlungspreise weiterzugeben. Darüber hinaus haben sich einzelne Verarbeiter auf die Vermarktung bestimmter Teilstücke spezialisiert mit der Folge, dass andere, z. T. sehr wertvolle Teilstücke, eingelagert oder auf dem Spotmarkt verkauft werden müssen. Einzelne Verarbeiter hätten sich Anfang vergangenen Jahres zu ehrgeizige Ziele gesetzt und müssten nun erkennen, dass selbst große Unternehmen eine erfolgreiche Vermarktung nicht aus dem Nichts schaffen könnten.
Allerdings sei auch bei anderen Warengruppen ein verringertes Wachstum zu beobachten. So habe es bei Gemüse im ersten Quartal 2008 im Vergleich zum gleichen Zeitraum des Vorjahrs mengenmäßig eine Verringerung um 15 % gegeben bei gleichzeitig gestiegenen Preisen. Der Naturkosteinzelhandel meldet für das erste Quartal 2008 lediglich eine Umsatzsteigerung von 0,3 %.

Beim anschließenden Meinungsaustausch zeigte sich, dass die Schwierigkeiten in den einzelnen Regionen ähnlich sind. Der Preis bewegt sich seit Ende letzten Jahres um die 3 € je kg Schlachtgewicht. Ein in Süddeutschland gelegenen Abnehmer zahlt beispielsweise seinen Betrieben einen Grundpreis von 3 € je kg Schlachtgewicht bei 56 % Magerfleischanteil (MFA). Für einen Anteil der Rasse Duroc von 25 % gibt es einen Aufschlag von 15 Cent, bei 50 % Durocanteil gibt es 30 Cent mehr. Ein anderer süddeutscher Verarbeiter zahlt 2,95 € bei ebenfalls 56 % MFA, schließt eine Preissenkung gegenwärtig jedoch nicht aus. Ein Vertreter von einer großen in Ostdeutschland ansässigen Erzeugergemeinschaft berichtete von 3,07 € je kg Schlachtgewicht. Der Preis bestehe seit rund sechs Monaten und eine Senkung sei gegenwärtig nicht beabsichtigt. Zwar reiche auch dieser Preis nicht aus, es sei aber dennoch beabsichtigt die Schweinemast weiter auszudehnen. Die Betriebe der Erzeugergemeinschaft halten im Schnitt 1.000 bis 1.500 Schweine, vielfach im geschlossenen System.
Auch in Nordrhein-Westfalen stagnieren die Auszahlungspreise um die 3 € je kg Schlachtgewicht bei oftmals sinkenden Schlachtzahlen. Dementsprechend werden die Schweine gegenwärtig "geschoben", was zu ungewollt höheren Schlachtgewichten führt. Indirekte Preissenkungen gibt es teilweise auch über erhöhte Qualitätsanforderungen, die in die Preismaske Eingang finden.

Alle Landwirte waren sich jedoch einig, dass das Marktpotential für Ökoschweinefleisch langfristig positiv einzuschätzen ist. Der Bio-Anteil an der Erzeugung liegt mit 0,4 % bei Schweinefleisch, 0,8 % bei Geflügel und zwei Prozent bei Rindfleisch unter dem Durchschnitt von drei Prozent über alle Lebensmittel betrachtet. Obwohl der Pro-Kopf-Verbrauch von Schweinefleisch mit 50 kg fast viermal so hoch liegt wie der von Rindfleisch mit 13 kg, kommen auf 15 Millionen kg Öko-Schweinefleisch rund 47 Millionen kg Rindfleisch.

Nun gelte es aber das momentane Überangebot zu verringern, um möglichen Preissenkungen entgegenzuwirken. Dazu sei es dringend erforderlich, dass sich die Betriebe miteinander vernetzen, um gegenüber Verarbeitern auf der einen und Futtermittelherstellern auf der anderen Seite geschlossen auftreten zu können. Die Anzahl der Betriebe sei dabei durchaus überschaubar. Zwar gebe es etwa 450 Öko-Sauenhalter, die zusammen rund 10.000 Sauen halten, aber nur ein Viertel der Betriebe halten über 90 % der Sauen. Fast 300 Betriebe halten weniger als 10 Sauen und mästen die Ferkel vielfach für die eigene Direktvermarktung. Es gelte nun die Betriebe regional und überregional zu vernetzen. Organisatorisch nutzten die anwesenden ABD-Mitglieder das Treffen in Hamm, um Heinrich Rülfing aus Rhede (Kreis Borken) und Michael Dreyer aus Göhrde (Niedersachsen) zu ihren Sprechern zu wählen. Darüber hinaus wurden für die einzelnen Regionen in Deutschland Ansprechpartner benannt, die in enger Kommunikation mit den Sprechern tätig werden. Das Aktionsbündnis steht allen Öko-Schweinehaltern unabhängig von einer Verbandsmitgliedschaft offen. Am 16. September 2008 findet eine Mitgliederversammlung in Kassel statt.

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